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Mai 26

Rezension – Klammroth (Isa Grimm)

klammroth

Seit Jahren ist der uralte Tunnel stillgelegt. Doch etwas geht um in den Tiefen des Berges. Kinderstimmen wispern im Dunkel, und etwas regt sich in den Schatten.
Einst war Klammroth ein stiller Weinort am Fluss – bis eine Katastrophe die Idylle zerstörte.  Dutzende Kinder starben bei einem verheerenden Unfall im Tunnel, viele weitere wurden entstellt. Nun, sechzehn Jahre später, kehrt eine der Überlebenden nach Klammroth zurück: Anais hat die Qualen des Feuers noch nicht überwunden, als ihr Vater sie zu sich ruft. Etwas Unerklärliches erscheint des Nachts vor den Fenstern. Gespenstisches geschieht – und jemand fordert neue Opfer.
Der Tunnel hat Anais nicht vergessen.

 

Als ich mit „Klammroth“ begann, hatte ich bereits viele Vorschusslorbeeren auf das Buch gelesen. Außerdem klang der Klappentext ganz interessant und vielversprechend. Daher war ich neugierig auf die Geschichte.
Mit Anais wurde ich anfangs allerdings kaum warm. Ich habe wirklich nichts gegen leicht schrullige oder auch extrem angelegte Figuren, aber ihre „Werbung“ für ihr neues Buch hat mich doch den Kopf schütteln lassen. Und so richtig schlau wurde ich aus ihr ebenfalls nicht. Das legte sich dann zumindest ein wenig als sie mit ihrer Tochter Lilly auf dem Weg nach Klammroth ist. Als ganz normale Mutter eines Teenangermädchen gefiel sie mir zwar schon bedeutend besser, aber so wirklich überzeugt hat sie mich auch zu diesem Zeitpunkt nicht. Denn hier erfährt man erstmals mehr oder weniger genau, was vor 16 Jahren in Klammroth geschah, welche Querelen zwischen ihrer verstorbenen Stiefmutter und ihrem Vater bestehen, und wieso Anais eigentlich gar nicht zurück in das Dorf möchte. Ganz ehrlich: sich schuldig fühlen, nur weil man vor 16 Jahren Glück hatte? Für mich ist das Schicksal, so schlimm es für die übrigen Menschen auch ist, die damals nicht überlebten.
Trotzdem war ich gespannt, was Anais in Klammroth erwartete. Immerhin verspricht der Klappentext gruseliges Geschehen, und für sowas bin ich immer zu haben. Das Dorf wird schön anschaulich beschrieben und da es in den paar Tagen, in denen Anias dort ist, quasi im Regen halb ertrinkt, habe ich stets ein sehr finsteres Bild dieses recht einsam gelegenen Ortes vor Augen gehabt. Ideal für eine Geschichte mit schaurigem Geschehen also. Zudem wird um den Tunnel gewissermaßen nur hinter vorgehaltener Hand gesprochen, was natürlich erst recht neugierig macht. Insbesondere von diesem Tunnel hatte ich mir viel versprochen!
Doch dann plätscherte die Story nur noch so vor sich hin. Nicht uninteressant zwar, vor allem hinsichtlich Anais und ihrer Beziehung zu Vater und Stiefmutter, aber  wirklich spannend wurde es nur gelegentlich mal für ein paar Seiten. Sicher, ich habe mich die ganze Zeit gefragt, wie das alles zusammenhängt und was es mit dem Tunnel auf sich hat, aber ich kann nicht behaupten, dass ich mich gebannt durch das Buch gelesen habe. Dafür bekommt man halt auch zu viele Dinge an die Hand: Ereignisse aus Anais Kindheit, seltsame Dorfbewohner, ein zwielichter Klinikchef, Anais in sich gekehrter Vater, eine junge verstümmelte Frau, die in purem Elend lebt, die Erbschaftsangelegenheit, Anais unsichere Beziehung zu ihrer Tochter, ein Bezug in die Nazizeit, was ich bekanntlich gar nicht mag und und und. Das war mir alles zu viel um noch spannend zu sein.
Besonders schade fand ich es, dass von Grusel nicht mal ansatzweise etwas zu spüren war. Ein finsterer Tunnel, Kinderstimmen, schemenhafte Bewegungen, kühl Luftzüge…an Handwerkszeug ist ehrlich alles vorhanden, aber es wird nichts Schauriges daraus gemacht. Für mein Empfinden jedenfalls nicht, und das hat mich sehr enttäuscht. Ich kann mich an gerade mal zwei Szenen erinnern, die mir immerhin eine leichte Gänsehaut bereitet haben. Doch mit dem Tunnel haben sie beide so direkt nichts zu tun.
Immerhin hat die Auflösung genau meinen Geschmack getroffen. Solche Wendungen mag ich sehr gerne. Alleine die Vorstellung, dass der menschliche Verstand so etwas zustande bringe, begeistert mich immer wieder. Zugegeben, vielleicht auf etwas kranke Art. Kann sein. In Summe konnte mich aber auch dieser Abschluss nicht von „Klammroth“ überzeugen. Leider. Ich hatte mir so viel davon versprochen!

Ich habe mich schwer getan mit „Klammroth“ und manchen Abend überlegt, erstmal eine Pause mit dem Buch einzulegen. Dabei ist es keineswegs schlecht geschrieben. Wenn ich mich aufgerafft hatte, doch weiterzulesen, dann kam ich auch zügig voran. Aber das rettet einen schwachen Inhalt einer Geschichte halt auch nicht.

Das Cover gefällt mir. Die einsame Schattengestalt inmitten des feurig lodernden Tunnelbogen, das passt gut zur Geschichte. Und sicher ist das Buch auch ein feiner Blickfang im Regal der Buchhandlungen.

Fazit:   Mich hat „Klammroth“ leider enttäuscht. Eine ziemlich überladene Story, wodurch bei mir Spannung nur selten mal aufkam. Dass ich mich frage, wie gewisse Elemente einer Geschichte zusammenhängen, fällt für mich noch nicht unter „Spannung“. Und hier sind es so viele, dass man leicht aufgeben möchte. Am bedauerlichsten fand ich es aber, dass „Klammroth“ vom Klappentext her so schön gruselig klingt, dass es auch alles dafür nötige „Handwerkszeug“ dafür mitbringt, aber letztlich nichts Schauriges daraus macht.

 


Titel: Klammroth
Autor: Isa Grimm
Seiten: 336
Verlag: Lübbe Verlag
ISBN: 978-3785761076
Preis: 14,99 (HC)

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