Feb 13 2015

Rezension – MUC (Anna Mocikat)

mucMünchen, 2120: Hundert Jahre nach dem großen Sterben, dem beinahe die gesamte Menschheit zum Opfer fiel, ist von dem Wohlstand der Stadt wenig übrig. Zerstörte Häuser, Müll und Dreck in den Straßen und Skelette in der U-Bahn, so präsentiert sich MUC, wie die Stadt mittlerweile heißt, der Kletterkünstlerin Pia. Pia ist auf der Suche – nach ihrem Bruder, der vor Jahren verschollen ist, und nach Antworten. Denn das große Sterben haben nur Rothaarige überlebt, ihre Haare jedoch sind pechschwarz. Aber MUC ist kein Ort des Wissens und der Freiheit mehr, sondern eine ­gnadenlose Diktatur. Pia muss sich entscheiden, ob
sie auf der Seite der Unterdrücker oder der Unterdrückten stehen will.

Eigentlich kann man mich mit Dystopien mittlerweile jagen bis sonst wohin. Es gibt in meinen Augen einfach zu viele davon, die alle irgendwie gleich sind. Bei „MUC“ habe ich es aber doch riskiert, weil ich hoffte, bei einem Erwachsenenbuch eben nicht diesen Einheitsbrei vorgesetzt zu bekommen.
Tatsächlich hat mir „MUC“ gut gefallen. Allerdings aus einem Grund heraus, den viele Fans dieses Genres vermutlich mit „Man kann es sich auch einfach machen!“ kommentieren werden. Das weiß ich, aber es ist halt so.
Mir hat „MUC“ gefallen, weil es weiß, wie man Maß hält! Alles wird gerade so ausführlich beschrieben wie es nötig ist um dem Leser einer Vorstellung davon zu vermitteln. Ich mag es überhaupt nicht, wenn man mir über weite Teile eines Buchs erst erläutert, was zu der derzeitigen Situation geführt hat. Ich habe etwas dagegen, wenn mir über mehrere Kapitel hinweg das Ränkespiel einer Regierung in allen Einzelheiten erläutert wird. Ich kriege zu viel und überspringe Absätze, wenn mir seitenweise die zerstörte Szenerie geschildert wird. Und bei allzu ausführlichen Kampfszenen verdrehe ich schnell die Augen, wenn mir jeder einzelne Schlag eines Schwerts oÄ beschrieben wird.
Genau das tut „MUC“ nicht, und trotzdem konnte ich mir alles problemlos vorstellen. Außerdem hat Langeweile so keine Chance, denn es ist einfach immer etwas los, wenn man sich nicht erst durch ewig lange Beschreibungen ackern muss. In „MUC“ steckt Abwechslung und Tempo, es ist nie so niederschmetternd depressiv wie so viele andere finstere Zukunftsvisionen, und hat trotzdem alles, was zu einer Geschichte dieser Art gehört. Das fand ich toll!
Pia mochte ich auf Anhieb und ich fand es spannend, wie sie sich nach MUC durchkämpft. Sie beweist dabei Mut und Durchhaltevermögen. Solche Eigenschaften gefallen mir. Ihre Erlebnisse auf der Reise sind aufregend und manchmal auch ein wenig gruselig. Man spürt dabei schon, dass etwas ganz Schreckliches vorgefallen sein muss, damit die Welt nun so aussieht. Ich war neugierig, was passiert sein könnte, und die Erklärung später war ganz nach meinem Geschmack.
Natürlich entspricht MUC keineswegs Pias Vorstellungen, das ahnt man als Leser bereits von Anfang an. Die Stadt ist lebensgefährlich und die Schilderung lässt einen manches Mal schaudern. Wie es Geschichten dieses Genres an sich haben, steckt hinter all dem Elend natürlich eine diktatorische Regierung. Das ist nichts Neues, das gehört in diesem Genre schon quasi zum guten Ton.
Doch erstens wird sich damit nicht unnötig ausführlich befasst und zweitens ist Pias Leben und das ihrer neuen Freunde in MUC durchaus nicht so schlecht. Zwar müssen sie um vieles kämpfen und sich ab und zu als Dieb betätigen, aber allzu viel Anlass zum Jammern gibt es für das Völkchen meist nicht. Da mir dieses Gejammere in so vielen anderen Geschichten dieser Art einfach nur auf den Keks geht, hat mich das hier ehrlich gefreut. Man weiß doch, dass es trotzdem kein Luxusleben ist. Da muss man nicht noch ewig drauf rumreiten.
Wird sich Pia in MUC zurechtfinden und einleben? Und wird sie ihren Bruder finden, der vor Jahren dorthin aufgebrochen ist? Das verrate ich hier natürlich nicht. Aber es macht Spass, mit ihr in MUC unterwegs zu sein und zu verfolgen, wie sie versucht, sich mit der Situation zu arrangieren. Gewisse Vorfälle sorgen für Spannung und auch auf eine kleine Lovestory muss man nicht verzichten. Wie das vor all dem Elend möglich ist, das müsst ihr dann schon selber nachlesen.
Mir jedenfalls hat das Ende -nicht nur das der Lovestory- wirklich prima gefallen, und das will etwas heißen, weil ich sonst mit solchen Geschichten nichts mehr anfangen kann. Beeindruckend, dass es da doch noch eine Geschichte geschafft hat, mich zwei Abende so gut zu unterhalten!
Nur eine Kleinigkeit hat mich gestört: wieso muss Aela so einen Elfennamen haben?! Kaum fiel dieser Name zum ersten Mal, da brach meine „Herr der Ringe“- und Elfenallergie voll aus. Wenn mich etwas daran erinnert, dann ist es einfach vorbei bei mir.

Anfangs liest sich das Buch nicht ganz so leicht wie später. Das liegt einfach daran, dass Pia sich halt nicht unbedingt mit sich selber unterhält. Aber man sollte sich nicht von den dicht beschriebenen Seiten abschrecken lassen. Die Geschichte ist auch hier schon angenehm leicht und unterhaltsam geschrieben. Es wird nie anstrengend. Als Pia später auf Menschen trifft und Dialoge geführt werden, da fällt das Lesen dann ganz wunderbar leicht. So möchte ich lesen.

Dass es im Jahre 2120 nicht gerade rosig auf der Welt aussieht, dass verraten schon die dunklen Wolken auf dem Cover. Ein düsterer Blick in die Zukunft, ein düster gehaltenes Cover. Das passt zusammen. Auf München weisen die Kirchtürme hin. So weiß jeder, um welche Stadt es sich hier dreht. Auch jemand, der mit dem Kürzel für die Stadt sonst nichts anzufangen weiß. Beonders gut gefällt es mir, dass auch die Innenseite des Covers und der rückwärtigen Deckels in diesem Stil gestaltet sind.

Fazit:  Ich hatte es ehrlich nicht erwartet, aber diese Dystopie hat mir von vorne bis hinten gut gefallen. Sie bringt alles mit, was eine Geschichte dieser Art braucht, ohne dass man sich dabei in irgendeiner Hinsicht durch ewig lange Erläuterungen und Schilderungen quälen muss. Und trotzdem ist „MUC“ interessant, spannend und unterhaltsam. Gäbe es mehr Bücher mit finsteren Zukunftsvisionen dieser Art, wäre mir das Genre sicher nicht dermaßen verleidet worden, wie es den üblichen Verdächtigen gelungen ist.


Titel:  MUC
Autor: Anna Mocikat
Seiten:  368
Verlag: Knaur
ISBN: 978-3426515402
Preis:  12,99 (Broschiert)

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