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Okt 20

Rezension – Die Kinder (Wulf Dorn)

Auf einer abgelegenen Bergstraße wird die völlig verstörte Laura Schrader aus den Trümmern eines Wagens geborgen. Im Kofferraum entdecken die Retter eine grausam entstellte Leiche. Als die Polizei den Psychologen Robert Winter hinzuzieht, wird dieser mit dem rätselhaftesten Fall seiner Karriere konfrontiert: Die Geschichte, die Laura Schrader ihm erzählt, klingt unglaublich. Doch irgendwo innerhalb dieses Wahnkonstrukts muss die Wahrheit verborgen sein. Je weiter Robert vordringt, desto mehr muss er erkennen, dass die Gefahr, vor der Laura Schrader warnt, weitaus erschreckender ist als jeder Wahn.

Was habe ich auf dieses Buch gewartet! Ich weiß gar nicht mehr, wie viele Jahre es schon her ist, dass ich auf einer Buchmesse beim Verlag gefragt habe, wann es erscheinen würde. Es war so ewig lange angekündigt. Und dann gab es endlich einen Termin und schon hatte ich es vorbestellt und darauf hin gefiebert.
Vielleicht hätte mich der Titel skeptisch werden lassen sollen. Denn ich gehöre -das gebe ich ehrlich zu- nicht zu den Menschen, die sich für Kinder allzu sehr begeistern können. Andererseits habe ich schon einige Krimis und Thriller gelesen, in denen Kinder eine wichtige Rolle gespielt haben. Und die haben mir trotzdem gefallen. Genauso wie ich Horrofilme mit Kindern immer besonders schaurig finde. Daher denke ich nicht, dass ich dem Buch mit Vorsicht hätte begegnen sollen.
Es begann dann auch zu 100 % nach meinem Geschmack mit dem nächtlichen Unfall auf der regennassen Bergstraße und dem grausigen Fund im Kofferraum des verunfallten Wagens. So hätte es gerne weitergehen dürfen.
Leider tut es das aber keineswegs. Grundsätzlich gefiel mir die Idee der Story ganz gut. Die Kinder, die sich so seltsam verhalten, die verschwundenen Menschen, die teilweise apokalyptisch anmutende Szenerie, doch das hat schon etwas. Das würde schon fast für einen Horrofilm reichen. Ausreichend blutig geht es dafür ebenfalls zu, was mir auch ganz gut gefallen hat.
Mein Problem mit „Die Kinder“ ist ganz einfach, dass es auf mich wirkt, als habe Wulf Dorn nicht recht gewusst, welches Genre er damit bedienen möchte, was er damit beim Leser bewirken möchte. Will er nun darauf aufmerksam machen, wie schlecht es vielen Kindern auf der Welt geht? Und dass man, wenn man auf der sonnigeren Seite des Lebens aufgewachsen ist, vielleicht etwas dazu beitragen sollte, dass es ihnen ebenfalls besser geht? Soll das Buch also mit diesen erschreckenden Kapiteln gesellschaftskritisch sein und aufrütteln?
Oder soll es doch ein Thriller sein, wie es die Szene am Anfang mit dem Unfall verheißt? Das wäre mir ja am liebsten gewesen, jedoch bleibt davon im wieteren Verlauf am wenigsten übrig.
Oder soll es Richtung Horror, Mystery und Fantasy gehen? Auch das ist absolut denkbar! Es gibt zahlreiche Passagen, die dazu passen würden. Und ich hätte da auch gar nichts dagegen, wenn nicht auf dem Cover ausdrücklich „Thriller“ stehen würde. In einem Thriller hat für mich Übersinnliches nichts verloren. So cool ich das sonst auch immer finde.
Diese Frage danach, was die Story mir sagen soll, was sie sein will, hat mich also schon beschäftigt. Aber dieses „Unetnschlossene“ hat auch dazu geführt, dass ich sie mich nicht wirklich gefesselt hat. Die einzelnen Kapitel zum Teil schon, das Große und Ganze jedoch leider nicht. Auf die Auflösung war ich allerdings sehr gespannt und ich hoffte, dass alles spätestens dann schlüssiger werden würde.
Und dann kam die Auflösung und ich konnte einfach nur den Kopf schütteln. Jetzt also auch noch ein mahnender Zeigefinger zum Thema Umwelt(bewusstsein)? Die nächste Theroie darüber, was „Die Kinder“ eigentlich sein möchte? Und davon mal abgesehen: solch eine Erklärung für die Vorkommnisse wie in dieser Geschichte, welcher Leser, der alle Sinne beieinander hat, soll dem Autoren das bitte abkaufen? Selten so etwas Hanebüchenes gelesen…

Durch die Schauplatzwechsel liest sich „Die Kinder“ erfreulich leicht und flüssig weg. Mit allzu vielen Charakteren hat man es auch nicht zu tun. So bleibt alles schön übersichtlich, was meinem Lesefluss ebenfalls immer gut tut. Mit jedem Kapitel kommt man ein gutes Stück voran, sodass ich mir irgendwann gesagt habe: ach, es sind nur noch drei Kapitel, die schaffe ich nun auch noch. Und schon war ich an nur einem Abend fertig mit dem Buch.

Optisch gefällt mir das Buch ausnehmend gut. Wunderbar finster mit blutroter Schrift, das alleine macht es schon zum Hingucker. Die gesichtslose Reihe Kinder darunter macht neugierig und wirkt auch ein bisschen unheimlich. Rundum stimmig also und genau mein Geschmack.

Fazit:  Ich muss zugeben, ich bin von „Die Kinder“ ziemlich enttäuscht. Es ist kein Thriller, keine Horrorgeschichte, keine Fantasyerzählung, kein Umweltkrimi, sondern einfach nur ein unausgegorenes Gemisch aus allem. Es hat seine schaurigen und erschreckenden Momente, ohne Zweifel, reicht in dieser Hinsicht aber absolut nicht an andere Thriller von Wulf Dorn heran. Abgesehen davon , hat für mich hat Übersinnliches in einem Thriller nichts verloren. Ich habe bis zum Schluss auf eine Auflösung gehofft, die alles ohne übersinnlichen Einschlag erklärt. Stattdessen kam eine Auflösung, bei der ich mich schon fast für dumm verkauft gefühlt habe. Selten so etwas Unglaubwürdiges gelesen. Und so einfach gestrickt nach dem ganzen Hin und Her zuvor. Schade, so schade! Ich hatte mich so auf das Buch gefreut…


Titel: Die Kinder
Autor: Wulf Dorn
Seiten: 320
Verlag: Heyne Verlag
ISBN: 978-3453270947
Preis: 16,99

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